05. August 2020 (aktualisiert am 28. Februar 2024)      Erstellt von Viktoria Szostakowski      Internet und DSL

Breitbandausbau in Deutschland: Aktueller Status

So geht es mit dem Breitbandausbau in Deutschland voran

Deutschlands Breitbandausbau schneidet im Vergleich mit anderen Industrienationen schlecht ab. Aber auch im Inland gibt es ein signifikantes Gefälle: Insbesondere zwischen Deutschlands ländlichen Regionen und Städten kommt es zu einer immer größer werdenden Kluft.

Ein internationaler Vergleich – Deutschland auf den hinteren Rängen

Laut der aktuellen interaktiven Karte des ISPs Cable.co.uk, auf der die Breitbandgeschwindigkeiten von insgesamt 200 Ländern weltweit dargestellt sind, schneidet Deutschland schlecht ab. Mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 24 Mbit/s im Jahr 2019 landet Deutschland momentan auf Platz 25 von 200. Deutschland erreicht im Deutschland nicht einmal halb so viel Bandbreite, wie der viertplatzierte Schweden (55 Mbit/s) und nicht einmal ein Drittel des erstplatzierten Taiwan (85 Mbit/s).

Bisher wurden die Ziele für schnelles Internet von der Bundesregierung mehrmals verfehlt. Vor neun Jahren versprach die Regierung, dass bis Ende 2014 75 Prozent aller Haushalte mit 50 Megabit pro Sekunde (MBit/s) im Internet surfen können. Tatsächlich traf es dann auf lediglich zwei von drei Haushalten zu. 2016 versprach dann die Große Koalition bis Ende 2018 allen Haushalten ebenfalls eine solch schnelle Internetleitung. Ende 2018 hatten rund 88 Prozent der Haushalte in Deutschland Zugang zu schnellem Internet mit einer Geschwindigkeit von mindestens 50 Mbit/s und somit wurde auch dieses Ziel nicht erreicht. „Die Bundesregierung versagt wieder und wieder in ihren Zielen“, kritisierte die FDP-Politikerin Daniela Kluckert. „Von einem wirklich schnellen Internet, das autonomes Fahren und digitale Gesundheitsleistungen ermöglicht, sind wir meilenweit entfernt.“

Auch innerhalb des Landes gibt es massive Unterschiede

Nicht nur der Vergleich mit anderen Ländern ist erschreckend, sondern auch innerhalb Deutschlands gibt es große Unterschiede was die Internetgeschwindigkeit angeht. Je nach ländlicher oder städtischer Region surfen deutsche Bürger mit unterschiedlich schneller oder langsamer Geschwindigkeit.

Laut dem Verivox-Verbraucher-Atlas ist die Internet-Geschwindigkeit in Mannheim und Stuttgart am schnellsten, diese beträgt hier nämlich 144 Mbit/s bzw. 140 Mbit/s. Weitere deutsche Großstädte mit leistungsstarker Internetgeschwindigkeit sind Karlsruhe (136 Mbit/s), Düsseldorf (132 Mbit/s), Wiesbaden (130 Mbit/s) und Frankfurt a.M. (130 Mbit/s). Anders sieht es jedoch für ostdeutsche Großstädte aus: Das Schlusslicht bilden Potsdam (84 Mbit/s), Erfurt (84 Mbit/s) und Magdeburg (85 Mbit/s). Das Internet ostdeutscher Großstädte ist um mehr als 40 Prozent langsamer als das der Spitzenreiter im Südwesten.

Genauso wie das Gefälle zwischen Ost und West aussieht, so sieht es auch zwischen Land und Stadt aus. Die Durchschnittsgeschwindigkeit außerhalb der Großstädte nimmt allgemein ab, besonders ländliche Regionen im Osten sind betroffen. Ganz große Unterschiede sind in Sachen zu vermerken. Bei dortigen Großstädten liegt die Durchschnittsgeschwindigkeit bei 94 Mbit/s – außerhalb fällt sie um durchschnittlich fast 30 Mbit/s ab.

Der Grund für Deutschlands schwache Leitungen

Ausschlaggebend für unsere langsame Internetleitung ist in der Regel die letzte Meile, sprich die Strecke vom Verteilerkasten bis in den Keller oder in die Wohnung. Die Stelle davor hingegen, also die grauen Telefonkabelkästen an der Straße oder die Verteilzentren für Fernsehkabel, ist zumeist auf dem neusten Stand. Viele Konzerne setzen hier vermehrt auf den Ausbau von Glasfaserkabeln, die 1000 MBit/s ermöglichen.

Für die letzte Meile werden oft weiterhin Kupferleitungen eingesetzt, die teilweise schon viele Jahre alt sind. Über diese können Geschwindigkeiten von lediglich 50 bis 100 Mbit/s erreicht werden. Dies ist im Vergleich zu der, durch das Glasfasernetz ermöglichten, Internetgeschwindigkeit ein sehr geringer Wert.

Vectoring: Tatsächliche Lösung oder „Sackgassen-Technologie“?

Um dieser Kluft entgegenzuwirken, setzten viele Anbieter auf das Vectoring. Mit dieser Technik können aus alten Leitungen schnellere Übertragungsgeschwindigkeiten gekitzelt werden. Der Grund für langsame Internetleitungen ist zum einen die Entfernung vom Verteilerkasten zur Vermittlungsstelle und zum anderen die Beschaffenheit der Leitungen. Hinderlich sind insbesondere Kabel-Bünde aus schlecht leitendenden Kupfer-Aderpaaren. Wenn mehrere Kupfer-Aderpaare zusammenlaufen, kommt es zu Störsignalen, die wiederum den Datenfluss behindern. Dieses elektromagnetische Phänomen nennt man Übersprechen oder auch Crosstalk. Vectoring sorgt dafür, dass sich die Störeinflüsse im Rahmen halten und die Datenrate wieder steigt. Vectoring kann jedoch nur mit einem entsprechenden Router genutzt werden.

Da in Deutschland Kupferleitungen immer noch weit verbreitet sind, ist Vectoring eine einfache und schnelle Lösung für das Erreichen einer höheren Internetgeschwindigkeit. Der Ausbau des Vectoring-Verfahren schreitet jedoch ebenfalls langsam voran. Trotz der Vorteile dieser Technologie kommen immer wieder negative Stimmen auf. Vectoring überzeugt neben hohen Übertragungsgeschwindigkeiten durch das Einsparen preisintensivere Datenleitungen und eine bequeme Realisierung für den Nutzer, da der Ausbau der Technik hauptsächlich durch die Anbieter stattfindet. Kritiker des Vectoring-Verfahrens bemängeln jedoch, dass die Technologie nur für einen Teil der Haushalte in Deutschland verfügbar ist. Des Weiteren kann selbst Vectoring dem Verlust an Geschwindigkeit über weite Strecken nicht entgegenwirken. Weitere Nachteile sind hohe Tarif-Preise und die Voraussetzung eines kompatiblen Routers. Das Vectoring-Verfahren wird zudem oft als „Sackgassen-Technologie“ bezeichnet, die den Ausbau von Glasfasernetzen verzögert.

Breitbandausbau in ländlichen Gebieten

Doch es gibt Bemühungen diesen Missstand zu beheben. Dies bestätigt die 2. Gigabit-Studie des Beratungsunternehmen Dialog Consult im Auftrag des Verbands der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM). Hier wurden alle gigabitfähigen Anschlussnetze in Deutschland untersucht. Dort heißt es, dass die Zahl der verfügbaren Gigabit-Anschlüsse im ersten Halbjahr 2020 um gut 5,5 Millionen zunehmen wird. Voraussetzung dabei ist jedoch, dass es durch die Corona-Krise zu keinen Einschränkungen kommt. Wenn dieses Ziel erreicht werden würde, würde es ein Wachstum um mehr als ein Drittel (34 %) im Vergleich zum Vorjahr und zukünftige 24 Millionen gigabitfähiger Anschlüsse bedeuten. 92 Prozent (22,2 Millionen) der Highspeed-Anschlüsse sollen von den Wettbewerbern, acht Prozent von der Deutschen Telekom zur Verfügung gestellt werden.

Momentan läuft der Breitbandausbau in der Eifel: Zukünftig sollen alle Haushalte des Kreisgebiets mit mindestens 50 Mbit/s ausgestattet werden. Bisher wurde in zwei Stufen die Grundversorgung gesichert. Profitiert haben davon vor allem Gemeinden mit besonders schlechtem Internetangebot. Dank des Ausbaus sind hier jetzt Übertragungsgeschwindigkeiten von 30 bis zu 50 Megabit pro Sekunde (50 Mbit/s) möglich. Mehr als 14 Millionen Euro wurden bereits im Rahmen der Breitband-Initiative investiert. Der Ausbau wurde durch EU, Bund und Land und zu einem Drittel durch den Kreis selbst finanziert.

Nun werden auch die sieben letzten Gemeinden des Eifelkreises mit Glasfaser versorgt. Jedoch hat sich bisher das Projekt Breitbandausbau in der Eifel anders entwickelt als erwartet. Zwar lief der Ausbau günstiger als gedacht - 5,3 Millionen Euro waren für den sogenannten FTTB-Ausbau in den Ortsgemeinden aus dem Bitburger Land veranschlagt, 4,3 Millionen Euro wird es aber nur kosten – jedoch beansprucht der Anschluss mehr Zeit. Ursprünglich war eine Umsetzung bis März 2020 angesetzt, die jedoch verfehlt wurde. Die Deutsche Telekom rechnet nun mit einem Abschluss des Breitbandausbau bis Ende August 2020.

Dafür vermelden andere Ausbauprojekte besonders erfreuliche Nachrichten: Schulen im Landkreis Vulkaneifel surfen jetzt mit gigabitfähigen Glasfaseranschlüssen. Somit ist der Landkreis Vulkaneifel der erste Landkreis in Rheinland-Pfalz, der allen Schulen flächendeckendes Internet bietet. „Der Landkreis Vulkaneifel ist Vorreiter in Rheinland-Pfalz, alle 26 Schulen im Landkreis Vulkaneifel sind an das Glasfasernetz angeschlossen. Damit haben die Schulen im Landkreis Vulkaneifel beste Voraussetzungen für digitales Lernen und sind fit für den Unterricht der Zukunft“, verkündet Landrat Heinz-Peter Thiel. Dies ist besonders erfreulich, wenn man sich die sonst düstere digitale Ausstattung deutscher Schulen anschaut.

Gemeinsam mit den Verbands- und Ortsgemeinden und der Einrichtung einer Breitband Lenkungsgruppe wurde 2016 das Projekt „Breitbandausbau“ im Landkreis Vulkaneifel gestartet. Der Landkreis hatte sich damals frühzeitig um die von Bund und Land auf den Weg gebrachten Förderprogramme beworben. Im August 2018 starteten dann die Tiefbauarbeiten. Insgesamt werden in dem laufenden Projekt rund 200 km Glasfaser verlegt, 60 Ortsgemeinden sowie alle im Landkreis befindlichen Schulen profitieren aktuell davon.

Aber auch anderorts wird an dem Breitbandausbau gearbeitet. Seit dem 30.April 2019 verfolgt der Rhein-Sieg-Kreis das Ziel bis Ende 2021 einen flächendeckenden Datentransport mit mindestens 50 Mbit/s und so eine Grundversorgung von mindestens 30 Mbit/s zu ermöglichen. Es sollen 25.000 Haushalte und 2.000 Gewerbebetriebe von dem Ausbau profitieren. Finanziert wird dieses Projekt mit 20 Millionen Euro an Fördergeldern von Bund und Land. Die Arbeiten werden von der Deutschen Telekom AG, innogy (mit NetCologne) und Eifelnet vorgenommen. Insgesamt werden beim Breitbandausbau im Rhein-Sieg-Kreis 430km Glasfaser neu verlegt.

Eine kurze Zwischenbilanz: Seit Jahresanfang dürfen sich rund 2,5 Millionen Haushalte über die Ausbauarbeiten freuen. Die Deutsche Telekom meldet sogar, dass allein im Juni 2020 290.000 Haushalte von den laufenden Breitbandausbau-Projekten profitieren. Das Unternehmen gibt an, dass 32,8 Millionen Haushalte einen Tarif mit bis zu 100 MBit/s oder mehr buchen könnten. 23,9 Millionen Haushalte könnten sogar einen Tarif mit bis zu 250 MBit/s oder mehr beanspruchen. Außerdem wurden im Juni 37.000 Haushalte mit einem Glasfaser-Anschluss versorgt, was eine Gesamtanzahl von aktuell 1,8 Millionen Glasfaser-Anschlüssen in Deutschland bedeutet.

Corona-Krise als Motor des Breitbandausbaus

Die bisherigen Versäumnisse des Breitbandausbaus werden in der jetzigen Corona-Krise besonders spürbar. Da das gesellschaftliche Leben nun vermehrt online stattfindet, sind auch die Anforderungen an die Übertragungsgeschwindigkeiten im Internet gestiegen. Sowohl das Home Office, der Video-Chat mit Freunden und Familie als auch die Unterhaltung per Video-Streams setzen eine gut funktionierende Internetgeschwindigkeit voraus. „Digitalisierung und Gigabit-Ausbau sind so wichtig wie noch nie – das haben die vergangenen Wochen in der Coronakrise sehr deutlich gezeigt. Wir sollten daraus lernen und nicht nur den Breitbandausbau, sondern auch die Digitalisierung in Deutschland in den verschiedenen Bereichen konsequent weiter vorantreiben“, so Martin Witt, Präsident des Verbands der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM).

Anfang März hat die Bundesregierung im Rahmen eines Notfallpakets angekündigt, Anträge und Genehmigungsverfahren im Breitbandausbau zu erleichtern. Der vor Kurzem vorgelegte Gesetzesentwurf schafft Bedingungen, die den Ausbau von Glasfaserinfrastrukturen in Gebäuden deutlich erleichtert. Demnach kann künftig jeder Wohnungseigentümer "angemessene bauliche Veränderungen verlangen, die (...) dem Anschluss an ein Telekommunikationsnetz mit sehr hoher Kapazität (...) dienen", heißt es dort. Das Bundesjustizministerium nennt einen hochbitratigen Internetzugang als Grundbedürfnis des digitalen Zeitalters. Was jedoch darunter zu verstehen ist und was sich letztendlich aus diesem Vorhaben entwickeln wird, bleibt lediglich abzuwarten.