25. Januar 2024 (aktualisiert am 11. April 2024)      Telefonanlagen

Gigaset ist pleite: Telefonhersteller Gigaset meldet Insolvenz an

Gigaset ist vor allem für seine schnurlosen Festnetztelefone bekannt. Viele nutzen die Modelle des deutschen Telefonherstellers im privaten Bereich. Im September 2023 hat das Unternehmen einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt und gilt somit als pleite. Am 24. Januar 2024 hat Gigaset eine Pressemitteilung veröffentlicht, dass das chinesische Unternehmen VTech Holdings Limited den Festnetztelefon-Hersteller übernimmt. Mehr dazu in unserem Update am Ende des Artikels.

Gigaset - Qualität „Made in Germany“

Das Unternehmen hat seinen Sitz in Bocholt im Nordwesten Nordrhein-Westfalens. Dort produziert die Gigaset AG seit 1941, die Herstellung von DECT-Geräten wurde im Jahr 1993 begonnen. Auch heute noch werden die Produkte in Deutschland hergestellt. Der Telefonhersteller bietet jedoch nicht nur Festnetz- und Geschäftstelefone an, sondern arbeitet auch an Smart Home Lösungen sowie Smartphones. Im DECT-Bereich gilt Gigaset als einer der Marktführer im europäischen Raum, der Stand 2020 über 200 Millionen Telefone gefertigt hat und etwa 850 Mitarbeiter beschäftigt.

2008 wurde die ehemalige Tochtergesellschaft von Siemens an einen Finanzinvestor verkauft. Seit 2014 ist der Investor Sutong Pan mehrheitlicher Anteilseigner über die Investmentfirma Goldin Financial Holdings.

Gigaset Pleite - Gigaset meldet Insolvenz an

Am 19. September 2023 hat die Gigaset AG aufgrund von Zahlungsunfähigkeit sowohl einen Antrag auf Eröffnung eines Regelinsolvenzverfahrens für die Aktiengesellschaft als auch einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzantrags in Eigenverwaltung für die Tochtergesellschaft Gigaset Communications GmbH beantragt. Vorerst sollen die geschäftlichen Tätigkeiten des Unternehmens wie bisher weitergeführt werden, bis eine nachhaltige Strategie zur Restrukturierung der Ausrichtung erarbeitet wurde.

Als Grund für diesen Schritt gibt Gigaset den erheblichen Umsatzrückgang im bisherigen 2. Halbjahr 2023 an. Demnach hat Gigaset mit der allgemeinen Zurückhaltung der Konsumenten in Europa und einer entsprechend niedrigen Nachfrage für seine Produkte zu kämpfen. Zudem ist es dem Unternehmen aus Bocholt bisher nicht gelungen, die nötige Liquidität in Verhandlungen mit Geld- und Kreditgebern durch neues Eigen- oder Fremdkapital sicherzustellen.

CEO Magnus Ekerot, der erst zu Beginn des Jahres von Bosch gekommen ist, sieht die Verantwortung der aktuellen Situation beim ehemaligen Management:

"Gigaset ist es während der letzten Jahre nicht gelungen, den Rückgang im Kerngeschäft mit DECT-Schnurlostelefonen durch die richtigen Weichenstellungen in den neuen Geschäftsbereichen zu kompensieren. Diese ungesunde und einseitige Geschäftsausrichtung und der nunmehr eingetretene unerwartete und erhebliche Umsatzrückgang im 2. Halbjahr 2023 haben zur aktuellen Lage geführt."

Im Zuge der Restrukturierung sollen die einzelnen Geschäftsbereiche des Unternehmens hinsichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit bewertet werden, um eine nachhaltige wirtschaftliche Basis für die Zukunft von Gigaset zu schaffen. Bis Ende November 2023 werden die Gehälter der Mitarbeitenden durch die Bundesagentur für Arbeit getragen.

Verschiebung der Geschäftsausrichtung ist nicht gelungen

Neben den Festnetztelefonen sollte vor allem der Smartphone-Bereich die zukünftige Ausrichtung des Unternehmens bestimmen. So wurde 2015 unter anderem ein Sponsoring mit dem FC Bayern verkündet, das jedoch im letzten Jahr ausgelaufen ist. Generell war es für Gigaset schwierig, sich auf dem Markt gegen die großen internationalen Konzerne durchzusetzen und signifikante Umsätze zu erzielen, die den Rückgang der Nachfrage von DECT-Geräten kompensieren konnten.

Vor 20 Jahren konnte man Festnetztelefone in fast jedem privaten Haushalt finden. Durch die Entwicklung neuer Technologien greifen viele mittlerweile jedoch auf Alternativen wie ihr Smartphone zurück. Generell präferieren zunehmend Leute die Kommunikation über Messenger-Dienste gegenüber dem Telefonieren. Inzwischen bot Gigaset auch Rauchmelder und Alarmanlagen an, aber auch die Expansion in diese Geschäftsbereiche konnten die negative Entwicklung im Kerngeschäft nicht abfedern.

Im Geschäftsjahr 2022 konnten die Umsatzerlöse zwar wieder um etwa 11 % verglichen mit dem Vorjahr gesteigert werden, in den Bereichen Smartphones und Smart Home sind sie jedoch weiterhin niedrig. Der Umsatz mit dem Verkauf von Telefonen für Geschäfts- und Privatkunden nahm im Jahr 2022 über 90 % der Gesamterlöse von 241,3 Millionen Euro ein. Die Geschäftsbereiche Smartphones mit 18,8 Millionen Euro und Smart Home mit 1,5 Millionen Euro Umsatz spielen nur eine kleine bis gar keine Rolle für das Unternehmen.

Was bedeutet die Eröffnung des Insolvenzverfahrens für Nutzer von Gigaset Telefonen?

Vorerst ändert sich für Gigaset-Nutzer wenig. Die Entwicklung, Produktion und Vertrieb des Unternehmens sollen fortgesetzt werden. Laut Gigaset sollen dementsprechend auch die Lieferungen und Dienstleistungen, wie zum Beispiel der Support für die Produkte, sichergestellt sein. Welche Maßnahmen im Zuge des Restrukturierungsprozesses gegriffen werden und welche Auswirkungen diese letztlich auf die zukünftige Ausrichtung von Gigaset haben, bleibt abzuwarten. 

Sobald es weitere Neuigkeiten gibt, welche Folgen sich nun nach dem Insolvenzantrag ergeben, bringen wir Sie auf den neuesten Stand.

Update Januar 2024: Käufer für den zahlungsunfähigen Telefonhersteller gefunden

Am 24. Januar 2024 gab die Gigaset AG bekannt, dass das chinesische Unternehmen VTech den Hersteller von DECT-Telefonen übernimmt. VTech ist einer der weltweit führenden Anbieter für elektronische Lernprodukte für Babys bis hin zu Vorschulkindern sowie Telefone für Privathaushalte in Nordamerika.

Beide Seiten erhoffen sich von der Übernahme einen Wachstumsschub für das in Schwierigkeiten geratene Unternehmen aus Nordrhein-Westfalen, das im vergangenen Herbst einen Insolvenzantrag stellen musste. "Mit den finanziellen Möglichkeiten von VTech und der Unterstützung des Managements wird es Gigaset möglich sein, die Geschäftsaktivitäten nach der Übernahme fortzusetzen, um nachhaltiges Wachstum und eine gesunde Unternehmensentwicklung sicherzustellen", so Hillson Cheung, President VTech Telecommunication Products.

Von der Übernahme der Vermögenswerte ist auch die Produktionsstätte in Bocholt betroffen, bei der aktuell rund 850 Mitarbeiter tätig sind. Wie sich der Einstieg von VTech auf diese auswirkt, ist derzeit noch nicht bekannt. Genauere Informationen dazu sind zu erwarten, sobald die Übernahme abgeschlossen ist. Dies soll am 2. April der Fall sein.


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